Pressekonferenz - Pflegechaos beenden
Mit
Kimbie Humer-Vogl, GRÜNE Landtagsabgeordnete und Sprecherin für Pflege
Ralph Schallmeiner, GRÜNER Nationalratsabgeordneter und Sprecher für Pflege
Ort: GRÜNES Landesbüro, Glockengasse 6, 5020 Salzburg
Zeit: Montag, 24. November 2025, 11:30 Uhr
GRÜNE stellen Prüfauftrag zu Pflegefinanzierung
Rückblick:
In der Pflege brennt der Hut, nicht erst seit den schwarz-blauen Kürzungen: Die Pflegebedürftigkeit steigt kontinuierlich und wird sich bis sich bis 2050 verdoppeln. Gleichzeitig stehen immer weniger Personen für die informelle und formelle Pflege zur Verfügung. In Salzburg ist die Lage besonders herausfordernd:
· Seniorenwohnhäuser lassen sich nicht kostendeckend führen.
· Der Pflege-Tarif für Pflegestufe 4 ist in Salzburg am niedrigsten. Pflegestufe 4 ist aber die häufigste Pflegestufen-Klasse.
· Mit 36% herrscht im Vergleich zu den anderen Bundesländern der niedrigste Vollzeitanteil in der Pflege.
· Gehälter liegen unter dem Bundesschnitt (900€ weniger pro Jahr).
· Qualitätsstandards scheitern an fehlender Finanzierung (Psychiatrische Konsile, Hospiz- und Palliativausbildung, Umgang mit Demenz > siehe Berichte der präventiven Menschenrechtskontrolle, ethische Fallbesprechungen).
Anstatt diese Herausforderungen anzugehen, sind die vielen Hausaufgaben im FPÖ-Sozialressort liegen geblieben, wie sich während Humer-Vogls Pflege-Tour durch 23 Seniorenwohnhäuser gezeigt hat:
· Erhöhung der Tarifobergrenzen
· Abrechnung der Abgänge
· Angleichung der Gehaltssysteme in der Akut- und Langzeitpflege
· Anpassungen im Gemeindevertragsbediensteten-Gesetz
· Wartelistenmanagement für Leistungen (Langzeitpflege, Kurzzeitpflege, Tageszentren)
· Schnittstelle zum medizinischen System (ELGA-Anbindung)
· Zukunft ohne Diplomausbildung
· Personalfindung, Nostrifizierung, Mitarbeiter:innen-Wohnungen
Fragt man in den Häusern nach, ob die Maßnahmen der Pflegplattformen bei ihnen angekommen sind, lautet die Antwort in der Regel „Nein“.
Aktuelle Situation:
Anstatt die aufgestauten Probleme, nach zwei Jahren Untätigkeit im Sozialressort aufzuarbeiten, hat die Landesregierung zu einem Rundumschlag gegen die Pflege ausgeholt. Das Community Nursing wird abgedreht, der Pflegebonus gestrichen, das SALK-Struktur- und Gehaltspaket abgesagt. Zudem wurde die Valorisierung der Personalkosten im Sozialbereich rückwirkend empfindlich gekürzt. Aus dem brennenden Hut in der Pflege ist ein Flächenbrand geworden.
„Schwarz-Blau spart fast 40 Millionen auf dem Rücken der Pflege ein. Und die Hälfte dieses Geldes wird den Pfleger:innen direkt weggenommen. Immer mehr Menschen fragen sich: ‚Was ist in unserem Bundesland aus dem Ruder gelaufen, dass Pfleger:innen zur Kassa gebeten werden? Warum kürzt gerade Salzburg so extrem? Und was passiert eigentlich mit dem ganzen Geld aus der Pflege, das eingespart wird?‘“, so Humer-Vogl.
Die Aussagen der Landesregierung sorgen dabei für mehr Verwirrung als Aufklärung:
28.06.: 1,8 Mio € werden durch das Aus für die Community Nurses eingespart.
14.10.: 25 Mio € werden in der Pflege eingespart, davon 15 Mio € beim Pflegebonus und 10 Mio € beim SALK-Paket.
15.10.: Es gibt keine Erhöhung der Tagsätze für die Seniorenwohnhäuser, lediglich die Valorisierung laut „Seniorenwohnheimgesetz“.
25.10.: 19 Mio € werden durch die Streichung des Pflegebonus eingespart. 12 Mio € davon bekommen aber die Gemeinden, da sie geringere Beiträge für Sozialhilfe und Teilhabe zahlen müssen.
31.10.: 6,18 Mio € werden durch die Anpassung der Sozialtarife eingespart.
05.11.: Per Gesetz wird die Einsparung dieser 6,18 Millionen beschlossen.
14.11.: 1,3 Mio € bekommen die sozialen Dienste aus dem Pflegefonds. Lösungen für die Teilhabe (Behinderteneinrichtungen) und die Seniorenwohnhäuser gibt es keine.
18.11.: Anfragebeantwortung: 116 Pflegepersonen und 80 Ärzt:innen würden benötigt, falls es – aufgrund der Aufkündigung der Betriebsvereinbarung – zum Schicht und Wechseldienst kommt.
Was wir heute wissen:
> Aus ursprünglich 10.000 Personen, die künftig keinen Pflegebonus bekommen, wurden inzwischen 15.000. Denn auch die Behindertenbetreuungsberufe sind betroffen.
> Die „Einsparung“ aus der Streichung des Pflegebonus wird mit mittlerweile 19 Millionen beziffert (anfangs 15 Millionen). Abgeholt wird das Geld vom Bund trotzdem – was wird damit gemacht?
> Den Gemeinden werden 12 Millionen durch niedrigere Sozialbereichsvorschreibungen versprochen. Das ist eine indirekte Auswirkung der Streichung des Pflegebonus.
> Auch die Streichung der Community Nurses hat einen solchen Effekt. Dafür gibt es keine kommunizierten Berechnungen.
> Der Sozial-Landesrat macht Vorschläge, was die Gemeinden mit diesem Geld tun sollen (die Abgänge der Seniorenwohnhäuser deckeln).
> Auch die Anpassung der Sozialtarife wirkt sich auf die Vorschreibung für die Gemeinden aus.
> Die Information, wie sich niedrigere Vorschreibungen auf die Gemeinden künftig finanziell auswirken, ist noch nicht bei ihnen angekommen. Die Voranschläge der Gemeinden sind aber in der Endausarbeitung.
> Die Valorisierung laut Seniorenwohnhausgesetz wurde mittlerweile durch das Sozialbereichstarifanpassungsgesetz ausgehebelt.
> Bei den Sozialen Diensten wurde bereits angekündigt, die Träger von anderer Seite für die Verluste zu entschädigen. Die Einsparung per Gesetz erfolgt trotzdem!
> Auch die Behinderten-Einrichtungen und die Seniorenwohnhäuser brauchen eine Lösung.
> Das SALK-Paket nicht umzusetzen, wird die medizinische Versorgung bedrohen und ein Vielfaches kosten.
„Es entsteht der Eindruck: Auf der Regierungsbank kennt sich niemand so richtig aus. Die Auswirkungen sind Chaos und Unsicherheit bei Gemeinden, Trägern, Mitarbeitenden und Pflegebedürftigen. Mit dem Prüfauftrag an den Landesrechnungshof wollen wir diesem Pflegechaos ein Ende setzen. Nur wenn die Zahlungsflüsse transparent sind, lassen sich die Vorgänge in der Pflege auch kontrollieren und verbessern. Die Ergebnisse sollen die faktische Grundlage dafür schaffen, an einer langfristigen Absicherung des Pflegesystems zu arbeiten. Und die 15.000 Pflegekräfte in diesem Land haben ein Recht zu erfahren, was mit dem für sie reservierten Geld passiert“, stellt Humer-Vogl klar.
Für Rückfragen:
Moritz Engel
Pressesprecher
+43-680-1551562