AUF DIE GROSSEN WORTE VERZICHTE ICH!
Durchaus kritische Grußworte fand Kulturlandesrat Dr. Heinrich Schellhorn bei der 55. Anton Wallner-Gedenkfeier am 16. Februar 2014 in Thalgau
Verehrte Anwesende,
es freut mich sehr, dass ich heute als Landesrat für Kultur hier bei der 55. Anton Wallner Gedenkfeier dabei sein kann.
Es gibt heute Gründe zum Feiern. Verdiente Kommandanten und Mitglieder von Schützenkompanien erhalten Auszeichnungen das Landes Salzburg. Ich gratuliere ihnen herzlich dazu. Und – wie es der Name schon sagt – gibt es auch Gründe zum Gedenken und Nachdenken.
Ich hoffe, ich enttäusche Sie nicht, wenn mir auch als Landesrat für Volkskultur die großen Worte von Patriotismus, Heldentum, Salzburg-Bewusstsein, etc. nicht leicht über die Lippen kommen. Zu oft sind diese Worte schrecklich missbraucht worden. Zu oft sind sie hohl und tönern verwendet worden, ohne Leben und ohne wirkliche Liebe zu den Menschen. Ich bin vorsichtig mit diesen großen Worten. Echte Heimatliebe ist leise und sehr alltäglich. Sie fängt bei den Kindergärten und beim Katastrophenschutz an, und hört beim Umweltschutz noch lange nicht auf.
Der Schützenkommandant Anton Wallner aus Krimml stellte sich mit seinen Männern, gemeinsam mit den Tiroler Schützen weit überlegenen Armeen in den Weg.
Er war eine zentrale Figur der Freiheitskriege und Aufstände gegen Napoleon in Tirol und Salzburg. Die Menschen wehrten sich damals mit Recht gegen die Fremdherrschaft und gegen die Zwangsrekrutierungen, die viele junge Menschen aus ganz Europa mit den französischen Armeen wenig später in den grausamen Tod nach Russland führten. Sie wehrte sich gegen ruinöse Steuern und die Einschränkungen ihrer Religionsfreiheit. Sie kämpften tapfer gegen die militärisch weit überlegenen Franzosen und die mit ihnen verbündeten Bayern. Das nötigt uns Respekt und Bewunderung ab. Die direkt aus der einfachen Bevölkerung großteils absolut freiwillig kommenden Schützen hatten die Verteidigung ihrer unmittelbaren Heimat und ihres Lebens im Sinn. Für Eroberungs- und Offensivkriege waren solche Verbände nie gedacht und auch gar nicht zu verwenden.
Aber die Geschichte ist eine komplizierte und widersprüchliche Sache. Sie arbeitet sich nur mühsam und mit vielen Rückschlägen nach vorne. Manchmal bietet sie Schwarz und Weiß und verlangt sie von uns eine eindeutige Parteinahme. Meistens aber ist es schwieriger. Objektiv etwa haben die Freiheitskriege gegen Napoleon nach dessen endgültiger Niederlage auch zur Restauration der alten feudalen Ordnungen in ganz Europa beigetragen. Die absolutistischen Herrscher, die nach Napoleon Europa unter sich aufteilten, haben die Stimmen der einfachen Menschen dann ebenso nicht mehr gehört.
Es gibt ein bewegendes Dokument aus den Tagen, an denen Anton Wallner mit seinen Schützen für ihre Heimat gekämpft hat. Es werden darin die Verbrechen an der Zivilbevölkerung im Pinzgau durch bayerische Truppen beklagt. Der Verfasser schreibt wörtlich, er habe „Grausamkeiten, Mordthaten, Plünderungen und Mordbrennereien sehen müssen“, die das „Innerste seiner Seele“ angegriffen hätten. Der Mann, der das schrieb, war ausgerechnet der kommandierende General dieser bayrischen Truppen. Carl Philipp von Wrede, der Eroberer Salzburgs, ruft seinen Soldaten in einem Tagesbefehl vom 12. Mai 1809 zu: „Bliket zurück auf den Weg von Lofer hierher auf die Brandstätten, auf die geplünderten Dörfer, auf jene Leichen, die ohne Waffen in der Hand ermordet worden sind. Euer General spricht mit Thränen in den Augen zu Euch, dass Eure Gefühle von Menschlichkeit in Grausamkeit ausgeartet sind.“
Dieser „feindliche“ bayerische General des Jahres 1809 kann uns heute daran erinnern, dass sich Recht und Unrecht, Gut und Böse, Tapferkeit und Feigheit, Menschlichkeit und Grausamkeit niemals regional oder national zuordnen lassen. Diese Tugenden und Untugenden sind immer horizontal über die ganze Menschheit und alle Länder hinweg gestreut.
In den guten neuen Zeiten, in denen wir heute in einem friedlichen Europa leben dürfen, können wir das leichter erkennen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein würdiges Fest und einen schönen, bunten Tag.