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22.04.2024 Breaking News

Kos­ten­über­schrei­tun­gen beim Nor­di­schen Zen­trum

Eine kurze Geschichte des Nordischen Zentrums Saalfelden

Das Nordische Zentrum Saalfelden ist ein vieldiskutiertes Projekt, das vor allem durch seine exorbitanten Kostenüberschreitungen auffällt.

 

Hier soll in gebotener Kürze dargestellt werden, wie der Ablauf bis jetzt (April 2024) war:

 

2016 konkretisierte sich die Absicht, in Saalfelden ein Nordisches Zentrum zu errichten. Das sollte eine grundlegende Modernisierung der Schanzenanlage in Uttenhofen (vorhandene Schanzen K15, K30, K60, K85), eine Langlaufanlage mit künstlicher Beschneiung und Anlagen für Biathlon samt einer Straßenunterführung unter der Kollingwaldstraße am Ritzensee und eine Rollerstrecke für den Sommerbetrieb auch im Bereich Ritzensee umfassen. Das alles sollte etwa 3,3 Mio. Euro kosten und von der Gemeinde in Drittelfinazierung von Bund, Land und Gemeinde samt Tourismusverband gebaut werden.

Die GRÜNEN in der Gemeindevertretung kritisierten schon damals die völlig unzureichende Kostenschätzung, welche auf alten Zahlen beruhte. Damals bemühten sich Die GRÜNEN um einen Kompromiss, der u.a. den teuren Neubau der K85-Schanze ausschloss, da diese ausschließlich von Schüler*innen der Bundesschule (HIB) genutzt wird. Darüber wollte die Gemeindevertretungsmehrheit nicht einmal ernsthaft reden.

 

Im Mai 2020 gab es erstmals eine konkrete Zusage des Bundes, den Bau des Nordischen Zentrums mit maximal knapp 1 Mio. Euro zu unterstützen, was 25% der zu dieser Zeit geschätzten Kosten waren. Allerdings wurde damit der Gemeinde eine 15-jährige Betriebspflicht samt Instandhaltungsverpflichtung auferlegt inklusive einer Ausfinanzierung des Projekts, was immer es kostet. Keine Rede ist im Vertrag von einer Beteiligung an den Betriebskosten. Diese bislang von der Gemeinde Saalfelden bezahlten Kosten lagen
jahrelang nur für die Schanzenanlage in einer Größenordnung von etwa 140.000 Euro jährlich, 2023 sprangen diese Kosten plötzlich auf 240.000 Euro.

 

Das Gesamtprojekt wurde 2020 auf 3,8 Mio. Euro geschätzt. Ende 2020 kam es auch zu einem Fördervertrag mit dem Land Salzburg. Hier wurden knapp 1,5 Mio. Euro zugesichert.

 

Begonnen wurde die Realisierung des Nordischen Zentrums dann mit dem Umbau der Schanzenanlage.
Ende 2020 wurde eiligst mit dem Bau der Straße, die von der Auffahrt zum Huggenberg wieder talwärts zur Schanze führen sollte, begonnen. Geplant war diese Straße mit Kosten von 100.000 Euro. Bald kam es zu Rutschungen und der Bau musste gestoppt werden. Dass das eine katastrophale Fehlplanung war, zeigt, dass die Straße dann für über 530.000 Euro unter Beiziehung von Geologen nur bis in den oberen Bereich der Schanzenanlage gebaut werden konnte. In den geplanten unteren Schanzenbereich wurde die Straße nicht mehr weitergebaut, da man in diesem Teil abermals Rutschungen befürchtete. Derzeit ist die Straße von LKWs wieder nicht mehr befahrbar, da Rutschungen knapp vor dem Schanzengelände nicht gestoppt werden konnten. Trotz dieser eklatanten Fehlleistungen hat man bis heute erstaunlicherweise keine Zweifel an der Kompetenz des Planers.

 

Die Kosten für die Modernisierung nur der Schanzenanlage samt FIS-gerechter K85-Schanze – ohne die Zufahrtsstraße von oben – wurden ursprünglich mit 2,1 Mio. Euro geschätzt. Vor einem Jahr waren es dann 3,7 Mio. Euro, später waren es 4,2 Mio. Euro und nun, im April 2024, sind wir bei 4,54 Mio. Euro angelangt. Das heißt, die Kosten haben sich seit dem Beginn mehr als verdoppelt, seit April des Vorjahres sind die Kosten um 800.000 Euro gestiegen!

 

Dazwischen, nämlich Anfang 2022, kam es zu einer dramatische Erkenntnis: Würde man das Nordische Zentrum so weiterbauen wie geplant, dann würde man nach damaliger Schätzung bei knapp 8 Millionen Euro landen. Das war dann auch den härtesten Befürwortern etwas zu viel und der damalige und jetzige Bgm. Rohrmoser entzog dem damaligen und jetzigen Vizebgm. Haslinger die Agenden und übernahm selbst das Ruder. Es wurden zahlreiche Umplanungen durchgeführt, z.B. wurde die Rollerstrecke auf Eis gelegt und statt fester Bauten sollen billigere Container aufgestellt werden, die Pistenraupe kommt ins Folienzelt.

 

Die Förderverträge mit Bund und Land wurden 2023 neu verhandelt und nach Schanze und Langlauf getrennt.

 

So geht der Bund 2023 von 6,4 Mio. Euro netto für das gesamte Nordische Zentrum aus. Diese teilen sich gerundet in 3,7 Mio. Euro für die Schanzenanlage, 2,1 Mio. Euro für das Langlaufzentrum Ritzen und 500.000 Euro für die Zufahrtsstraße bei der Schanzenanlage auf. Die Förderungen betragen dabei maximal 1,1 Mio. Euro für die Schanzenanlage, 0,26 Mio. Euro für das Langlaufzentrum und 0 Euro für die Straße.

 

Der Fördervertrag mit dem Land umfasst jetzt nur mehr die Schanzenanlage und geht von den gleichen Projektkosten wie der Bund für die Schanzenanlage mit 3,7 Mio. Euro aus. Die Förderung wird mit maximal 1,3 Mio. Euro festgelegt.

 

Beide Fördergeber begrenzen ihre Förderungen mit den angeführten Maximalbeträgen. Die Grünen in der Gemeindevertretung haben daher vorgeschlagen, die Gemeindeförderung ebenfalls mit einem Maximalbetrag zu begrenzen, was aber von SPÖ, ÖVP und FPÖ strikt abgelehnt wurde.

 

Die Folgen davon sind, dass die laufenden Erhöhungen der Gesamtkosten ausschließlich die Gemeinde zu tragen hat. Derzeit ist die Gemeinde Saalfelden nur bei der Schanzenanlage schon bei fast 2 Mio. Euro angelangt, vorher war 1 Mio. Euro für das Gesamtprojekt vorgesehen.

 

Und auch nur so konnten sich die Gesamtkosten der Schanzenanlage von den bei den Förderverträgen festgelegten 3,7 Mio. auf nun 4,54 Mio. Euro erhöhen.

 

Für die Straße gibt es keine Förderungen, da trägt die Gemeinde die gesamten Kosten. Da sind wir von 100.000 Euro auf zwischenzeitlich über 530.000 Euro angelangt, und die Straße ist derzeit wieder nicht von LKWs befahrbar und geht schon gar nicht bis zum Schanzenfuß was den gesamten Bau er K85 Schanze zusätzlich verteuert. Eine Sanierung der Tragfähigkeit im oberen Zufahrtsbereich würde nach vorsichtiger Auskunft von AEP wieder einige Hunderttausend kosten.

 

Nun zu den gegenwärtig (April 2024) vorliegenden Kostensteigerungen:

 

Es liegt ein Bericht des Tiroler Büros AEP-Planung und Beratung vor. Dieses Büro wurde zur Begleitung des Projekts herangezogen, als man bald nach Projektbeginn in höchster Not darauf gekommen ist, dass der örtliche Planer mit seinen Berechnungen komplett danebenliegt und gänzlich überfordert schien.

 

Seitdem gibt es zumindest eine nachvollziehbare Aufschlüsselung der Kosten mit entsprechenden Begründungen. Wie erfolgreich das Büro da jeweils in der Vorschau ist, überlasse ich Ihrer Einschätzung angesichts der immer wieder auftretenden Kostenüberschreitungen.

 

Die Materialseilbahn erhöht sich jetzt bei den Kosten um gesamt 160.000 Euro, was u.a. auch darauf zurückzuführen ist, dass die Straße nicht so gebaut wurde, wie geplant und weil die Seilbahn über den Winter auf der Baustelle belassen werden musste.

 

Dann kommt ein Thema, das zwar allen Saalfeldner*innen bekannt ist, die am Biberg öfter unterwegs sind, das aber die Planer und offensichtlich auch teilweise die Geologen völlig überraschte: Der gesamte Berg ist nämlich sehr durchnässt, die Wasserführung im Berg spielt überall eine große Rolle.

 

Daher nun der Einbau von 17 Drainage-Schächten statt der noch vor kurzem geplanten 4.21.000 Euro Mehrkosten.

 

Diese Durchnässung des gesamten Berges, welche laut Geologen zu einem kriechenden Hang führt, lässt die Kosten immer wieder steigen, wurde aber in den Planungen lange ignoriert.

 

Die zusätzlich notwendigen Ableitungen von Dachwässern, Oberflächenwässern und Änderungen im Drainagesystem machen schlappe 52.000 Euro aus. Das Aushubmaterial konnte auch aus dem Grund, dass der gesamte Hang wegen seiner Durchnässung nach unten wandert, nicht wie geplant wieder eingebaut werden, also weg damit auf eine Deponie, 33.000 Euro.

 

Die notwendige Bauunterbrechung im Winter wurde nicht vorhergesehen und schlägt mit 40.000 Euro zu Buche. 20.000 Euro Mehraufwendung, weil die Straße wieder abgesackt ist und der Beton nicht von oben zugeliefert werden konnte. Wieder verteuert die zwar extrem teure aber nicht funktionsfähige Straße das Projekt.

Beim Stahl für den Anlaufturm hat das Planungsbüro Streif 20 Tonnen geschätzt, schließlich sind es in der Realität 47 Tonnen, also mehr als doppelt so viel geworden. 50.000 Euro mehr. 5-stellig wird es wieder bei den Mehrforderungen des Büro AEP: nämlich 60.000 Euro. Ein Teil der Mehrkosten begründet sich damit, dass Aufgaben des Planungsbüros übernommen werden mussten.

 

Apropos Planungsbüro: Viele Arbeiten mussten als teure Regieaufträge ausgeschrieben werden, weil das Planungsbüro Streif lt. Aussagen des Büro AEP die Ausführungspläne nicht zeitgerecht lieferte. Konsequenzen: Für die Gemeinde Mehrkosten, für den Planer keine. So haben wir insgesamt wiederum eine Kostenüberschreitung von 350.000 Euro. Der beruhigende Nachsatz, dass da 100.000 für Unvorhergesehenes enthalten sind, sollte nicht zu sehr trösten. Bei der letzten Erhöhung vor einem Jahr waren 200.000 Euro für Unvorhergesehenes budgetiert.

 

Wenn wir dann noch eine kleine Gesamtbetrachtung des Projekts „Nordisches Zentrum Saalfelden“ machen, stehen wir derzeit bei Kosten von knapp 7,2 Millionen Euro. 2022 wurde bei diesen Kosten das Projekt deswegen dem Vizebgm. entzogen. Was macht nun der Bürgermeister, der ja seinerzeit das Projekt an sich gezogen hat? Und welche Konsequenzen werden nach der kürzlichen Wahlniederlage von SPÖ und ÖVP daraus gezogen?

 

Offensichtlich perlt das an den drei Parteien SPÖ-ÖVP und FPÖ komplett ab. Abermals werden alle Kostenüberschreitungen widerspruchslos abgesegnet. Nur für die 100.000 Euro für Unvorhergesehenes fand sich keine Mehrheit in der Gemeindestube, damit blieb die SPÖ allein.

 

Allerdings steht schon eine weitere Kostenerhöhung in den Startlöchern: Der desolate Sprungrichterturm muss saniert werden. Derzeit im Budget: 22.000 Euro. Ein Neubau würde um die 560.000 Euro kosten. Irgendwo dazwischen wird sich die neuerlich erforderliche Summe einpendeln.

 

Das ist, stark gekürzt, eine kleine Rückschau auf dieses für die Gemeindefinanzen katastrophal verlaufende Projekt.

 

Vorschläge der GRÜNEN Saalfelden zum Nordischen Zentrum:
Die GRÜNEN haben schon zu Beginn des Projekts darauf hingewiesen, dass die Zahlen bei den Kosten veraltet sind. Es wurde eine Aktualisierung der Kostenberechnung gefordert. Außerdem gab es Zweifel, dass der Planer für diese Aufgaben genug Kompetenz hat. In einer Kompromisssuche wurde von den GRÜNEN u.a. vorgeschlagen, die Großschanze wegzulassen, darüber wurde in der Gemeindevertretung von SPÖ-ÖVP und FPÖ nicht ernsthaft diskutiert. Die K85 allein verursacht aber nun schon Kosten von über 3,2 Mi. Euro!

Die Kosten der Sanierung der Schanzen K15, K30 und K60 zusammen kostete dagegen nur 660.000 Euro – das hätte sich die Gemeinde ohne die letztlich kostspieligen Förderverträge selbst leisten können.
Außerdem war für die GRÜNEN Saalfelden die lärmintensive Rollerstrecke am Ritzensee unnötig, hat man doch am ÖAMTC-Trainingszentrum beim Brandlhof über 100.000 m2 asphaltierte Fläche, wo es nur einer Vereinbarung bedarf, um ein Sommertraining dort abhalten zu können.

 

Für die nationalen und internationalen Langlaufwettbewerbe gibt es im nahen Hochfilzen eine gut ausgebaute und schneesichere Infrastruktur. Daher braucht Saalfelden am Ritzensee nur geringfügige Verbesserungen für den Publikumslauf und das Training.

 

Die GRÜNEN haben für die Verhandlungen mit Bund und Land gefordert, die Betriebskosten ebenfalls in den Verträgen zu verankern. Auch das ist nicht passiert. Als Bund und Land ihre Zuschüsse in den Förderverträgen begrenzten, haben die GRÜNEN vorgeschlagen, dass auch die Stadtgemeinde dasselbe machen soll.

 

All diese Vorschläge und Anträge, die sich spätestens jetzt als richtig herausstellen, wurden von SPÖ-ÖVP-FPÖ in trauter Einigkeit abgelehnt. In der Sitzung der Gemeindevertretung vom 15.4.2024 haben die GRÜNEN beantragt, sofortige Verhandlungen mit Bund und Land über das weitere Vorgehen aufzunehmen, da die Voraussetzungen, unter denen die Verträge beschlossen wurden, sich dramatisch zu Ungunsten der Gemeinde geändert haben. Zumindest diesem GRÜNEN Antrag stimmten alle Gemeindevertreter einhellig zu.

Hans Bichler

Gemeindevertreter

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